|
Wien, Österreich, veranstaltet von der ÖGBE -- Österreichische Gesellschaft für Bipolare Erkrankungen, Sektor der ISBD – International Society of Bipolar Disorders
Am Samstag den 27. September 2014 fand in Schloß Schönbrunn Wien die 1. Fachtagung Bipolar der Österreichischen Gesellschaft für Bipolare Erkrankungen statt. Sie wurde eröffnet von Prof. Dr. Christian Simhandl Präsident der ÖGBE und Chefarzt Prim. Dr. Georg Psota. Der erste Vortrag von Prof. Lukas Pezawas (Wien) zeigte Imaging Befunde (MRI) bei bipolaren Störungen. Er konnte auf beeindruckende Weise zeigen, wie in Forschungsprojekten Zellveränderungen und Netzwerkveränderungen im Gehirn bei bipolaren Störungen dargestellt werden können.
OA Dr. Moritz Mühlbacher (Salzburg) sprach über die neurokognitiven Grundlagen bei Bipolaren. Die Erkennung von Gesichtausdrücken ist bei Bipolaren verändert. Auf der Website www.faceblind.org kann man sich selber testen. Er stellte das „set shifting“ elegant und verständlich anhand des Wisconsin Card Sorting Tests vor. Das Brain default mode Netzwerk ist schneller bei schizophrenen Patienten als bei Bipolaren. Er wies auch auf das Zustandekommen von kognitiven Defiziten durch inflammatorische Prozesse in den Zellen hin.
Prim Priv. Doz. Dr. Andreas Erfurth (Wien) stellte die Diagnostik bipolarer Störungen bei Erwachsenen in der heutigen Form mittels ICD--‐10 oder DSM--‐IV in Frage. Er verwies auf die Richtigkeit alter klassischer Beschreibungen klinischer Bilder wie zB von Kraepelin (1856-1926) oder Aretaeus von Kappadokien (80-138) hin. Depressionen und Manien sind anhand ihrer vorherrschenden Symptome subtiler zu diagnostizieren (z.B.: gehemmte versus agitierte Depression). Der späte Beginn einer bipolaren Erkrankung (>50.Lebensjahr) erhöht das Risiko auf eine Alzheimer Erkrankung.
Prim Dr. Ralf Göszler (Wien) diskutierte die Schwierigkeit der Diagnostik bei jugendlichen Bipolaren. Interessant ist, dass ein bipolar krankes Elternteil ein 10-20 fach erhöhtes Risiko hat, ein bipolar krankes Kind zu bekommen. 10% der ursprünglich als depressiv diagnostizierten Kinder werden 10 Jahre später bipolar.
Nach der Mittagspause referierte Chefarzt Prof. Dr. Tom Bschor (Berlin) über die Akutbehandlung der Manie und der Depression. Suizidversuche kommen bei bipolaren Depressionen häufiger vor als bei unipolaren Deopressionen. Computerisierte kognitive Verhaltenstherapie erwies sich als hilfreich bei bipolar Depressiven. Quetiapin ist das einzige zugelassene Medikament für akute bipolare Depressionen.
Prof. Dr. Christian Simhandl (Wiener Neustadt) brachte einen Überblick über die Langzeitbehandlung (Rückfallsverhütung) bei bipolaren Erkrankungen. Er spannte den Bogen von der basalen medikamentösen Behandlung über die nachgewiesenen Psychotherapieverfahren bis hin zur Bedeutung von Psychoedukation für eine erfolgreiche Behandlung.
Mag. Joy Ladurner (Wien), Tochter einer bipolaren Mutter, erzählte erst über ihre persönlichen Erfahrungen und konnte darauf aufbauend sehr schön allgemeine Richtlinien für den Umgang mit Angehörigen psychisch Kranker darstellen.
Marylou Selo (New York, Zug, Aretaeus Preisträgerin 2014 der DGBS ) berichtet auf lustige Weise über ihre erste schwere Manie und folgenden Depressionen mir Suizidversuchen und deren soziale Folgen. Dann erzählte sie über ihren Wiedereinstieg in ihr Berufsleben als Dolmetscherin und die Errichtung von Selbsthilfegruppen in New York und in der Schweiz. Ebenso erzählt sie über eine Antistigmakampagne welche derzeit in der Schweiz läuft.
Prof. Prim. Dr. Christian Haring (HalliTirol) verwies auf die Bedeutung des hohen Anteils von Alkoholkranken bei Bipolaren. Er erklärte, dass die Behandlung von nur einem Teil - Alkohol oder Bipolar - alleine völlig unzureichend ist. Mit viel Empathie befürwortete er die Notwendigkeit einer besseren Diagnostik und Behandlung dieser doppelt schwer Erkrankten und deren Angehörigen.
Nach jedem Referat über 35 Minuten waren 10 Minuten Zeit für Diskussion. Die Teilnehmer lobten das hohe Niveau der Vortragenden und die Möglichkeit der ausreichenden Fragemöglichkeit an die Spezialisten. Mit großer Anteilnahme wurde die Möglichkeit der ausreichenden Diskussion nach jedem Vortrag angenommen.
Christian Simhandl
|
|
|
|